Krampfadern in der ARD – unser Brief an „Visite“ / update

Der NDR hat geantwortet..

Zur Vervollständigung des ganzen Herganges sei nunmehr berichtet, daß Dr. Thum und Dr. Zierau aktuell einen Antwortbrief der Redaktion „Visite“ erhalten haben. Darin schreibt die Redaktion u.a., dass sich Herr Chefarzt Bruning auf eine – unten angehängte Studie – bezogen hat. In dieser sog. Metastudie werden das Stripping mit dem Laser und der Mikroschaumtherapie verglichen. Abgesehen davon, dass die Fallzahlen sehr klein sind, sagt die Studie nichts zu endovenösen Verfahren im Allgemeinen, sie bezieht sich ausdrücklich auf den Vergleich „radikales Stripping“ zu „Lasertherapie“ und „Mikroschaumtherapie“ der Stammkrampfadern. Die darin genannten Ergebnisse können erfahrene Therapeuten nicht wirklich verwundern, denn Laser und Mikroschaumtherapie sind tatsächlich nur effektiv bei Stammkrampfadern bei kleinerem Gefäßdurchmesser. Danach ist die Rezidivrate erhöht. Abgesehen davon wird keine Angabe zu Nebenwirkungen der einzelnen Therapieverfahren gemacht.

Die Studie bewertet nicht die allgemein verbreitete und hoch effektive Radiowellentherapie, noch bezieht sie die vorliegenden Studien zum Venenkleber VenaSeal mit ein.

Abgesehen von den extrem kleinen Fallzahlen kann diese Studie also in keinem Fall dafür herhalten, das „Stripping“ als beste Methode zu glorifizieren. Da werden Äpfel mit Birnen verglichen!

Schade ist, dass die Redaktion die Frage nach dem Venenkleber mit der Auskunft abtut: „….hier hat Herr Bruning lediglich seine persönliche Meinung kundgetan….“. Das sollte dann dem Zuschauer und potentiellen Patienten auch dezidiert mitgeteilt werden – ist aber aus bestimmten Gründen unterblieben.

Und – liebe Redaktion von „Visite“ – weshalb ist es Ihr Ziel, Methoden darzustellen, die von Krankenkassen übernommen werden? In Ihrem Sender hat Herr Prof. Thomas Pröbstle in einer Sendung aus 2018 eindeutig darauf hingewiesen und kritisiert, dass der Katalog der Leistungen bei gesetzlichen Krankenkassen in der Venenheilkunde seit 1982 nicht ergänzt oder aktualisiert wurde. Diese absurde Situation zu hinterfragen wäre doch auch mal eine Aufgabe – im Interesse des Zuschauers und Patienten!

Der besagte Artikel, auf den sich Dr. Bruning bezieht…

Editor’s Choice – Five Year Results of Great Saphenous Vein Treatment: A Meta-analysis.

Abstract

OBJECTIVES:

The most frequently used treatment options for great saphenous vein incompetence are high ligation with stripping (HL+S), endovenous thermal ablation (EVTA), mainly consisting of endovenous laser ablation (EVLA) or radiofrequency ablation, and ultrasound guided foam sclerotherapy (UGFS). The objective of this systematic review and meta-analysis was to compare the long-term efficacy of these different treatment modalities.

METHODS:

A systematic literature search was performed. Randomised controlled trials (RCTs) with follow-up ≥ 5 years were included. Pooled proportions of anatomical success, which was the primary outcome, rate of recurrent reflux at the saphenofemoral junction (SFJ), and mean difference in venous clinical severity score (VCSS) were compared using a z test or Student t test. Quality of life data were assessed and described.

RESULTS:

Three RCTs and 10 follow-up studies of RCTs were included of which 12 were pooled in the meta-analysis. In total, 611 legs were treated with EVLA, 549 with HL+S, 121 with UGFS, and 114 with HL+EVLA. UGFS had significantly lower pooled anatomical success rates than HL+S, EVLA, and EVLA with high ligation: 34% (95% CI 26-44) versus 83% (95% CI 72-90), 88% (95% CI 82-92), and 88% (95% CI 17-100) respectively; p ≤ .001. The pooled recurrent reflux rate at the SFJ was significantly lower for HL+S than UGFS (12%, 95% CI 7-20, vs. 29%, 95% CI 21-38; p ≤ .001) and EVLA (12%, 95% CI 7-20, vs. 22%, 95% CI 14-32; p = .038). VCSS scores were pooled for EVLA and HL+S, which showed similar improvements.

CONCLUSION:

EVLA and HL+S show higher success rates than UGFS 5 years after GSV treatment. Recurrent reflux rates at the SFJ were significantly lower in HL+S than UGFS and EVLA. VCSS scores were similar between EVLA and HL+S.

KEYWORDS:

Endovascular procedures; Laser therapy; Surgery; Treatment outcome; Varicose veins

 

Eine weitere Meta – Analyse aus 2018..

kommt zum gegenteiligen Ergebnis. Hier wurden alle Daten von 2000 – 2016 analysiert und die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass endovenöse Verfahren deutlich effektiver sind….

2018 Feb;196:131-143. doi: 10.1016/j.ahj.2017.09.017. Epub 2017 Sep 29.

Systematic review and meta-analysis of endovascular and surgical revascularization for patients with chronic lower extremity venous insufficiency and varicose veins.

BACKGROUND:

Chronic lower extremity venous disease (LECVD) is twice as prevalent as coronary heart disease, and invasive therapies to treat LECVD accounted for an estimated $290 million in Medicare expenditures in 2015. Despite increasing use of these invasive therapies, their comparative effectiveness is unknown.

METHODS:

We conducted a systematic review and meta-analysis of treatments for patients (symptomatic and asymptomatic) with lower extremity varicosities and/or lower extremity chronic venous insufficiency/incompetence/reflux. We searched PubMed, Embase, and the Cochrane Database of Systematic Reviews for relevant English-language studies published from January 2000 to July 2016. We included comparative randomized controlled trials (RCTs) with >20 patients and observational studies with >500 patients. Short-, intermediate-, and long-term outcomes of placebo, mechanical compression therapy, and invasive therapies (surgical and endovascular) were included. Quality ratings and evidence grading was performed. Random-effects models were used to compute summary estimates of effects.

RESULTS:

We identified a total of 57 studies representing 105,878 enrolled patients, including 53 RCTs comprised of 10,034 patients. Among the RCTs, 16 were good quality, 28 were fair quality, and 9 were poor quality. Allocation concealment, double blinding, and reporting bias were inadequately addressed in 25 of 53 (47%), 46 of 53 (87%), and 15 of 53 (28.3%), respectively. Heterogeneity in therapies, populations, and/or outcomes prohibited meta-analysis of comparisons between different endovascular therapies and between endovascular intervention and placebo/compression. Meta-analysis evaluating venous stripping plus ligation (high ligation/stripping) compared with radiofrequency ablation revealed no difference in short-term bleeding (odds ratio [OR]=0.30, 95% CI -0.16 to 5.38, P=.43) or reflux recurrence at 1-2 years (OR=0.76, 95% CI 0.37-1.55, P=.44). Meta-analysis evaluating high ligation/stripping versus endovascular laser ablation revealed no difference in long-term symptom score (OR 0.02, 95% CI -0.19 to 0.23, P=.84) or quality of life at 2 years (OR 0.06, 95% CI -0.12 to 0.25, P=.50).

CONCLUSIONS:

The paucity of high-quality comparative effectiveness and safety data in LECVD is concerning given the overall rise in endovascular procedures. More high-quality studies are needed to determine comparative effectiveness and guide policy and practice.

 

und noch eine weitere Meta – Analyse…

Zur bekannten  Vorgeschichte

Der NDR berichtete

Ende Juli wurde eine Sendung „Visite“ mit dem Hauptthema „Krampfadern“ im NDR ausgestrahlt. Nach einen Filmbericht über verschiedene – stationäre – Behandlungsmöglichkeiten dann als Studiogast der Chefarzt der Tabea – Klinik aus Hamburg. Herr Dr. Bruning. Die Tabea  – Klinik gehört, wie auch die Havelklinik in Berlin oder die „Artemed – Fachklinik für Venen und Haut“ in München zum Privatklinikbetreiber „Artemed“ –  GmbH.  Ziel dieser Krankenhauskette ist es, Krankenhäuser mit sog. Versorgungsauftrag oder Plankrankenhausstatus zu erwerben. Dadurch ist die Teilnahme an der Versorgung aller Patienten – also vor allem gesetzlich Versicherter – gewährleistet. Und somit werden diese Krankenhäuser auch durch die Krankenkassen bezahlt. Ziel ist es dabei, möglichst in Fachgebieten aktiv zu werden, in denen die Krankenkassen sog. Fallpauschalen und Sonderentgelte vergüten. Diese Pauschalen und Sonderentgelte sind sehr hoch bemessen und garantieren positives Wirtschaften.

Im Bereich der Krampfadertherapie gibt es Fallpauschalen, die zwischen 2900 – 3200 € liegen und für die Op einer (!) Stammkrampfader bezahlt werden. Einzige Bedingung: Es muss ein klassisches „Stripping“ durchgeführt werden und die Patienten müssen 2 Nächte im Krankenhaus verweilen.

 

 

 

Reaktionen von unseren Patienten

Die Reaktionen unserer Patienten auf dieses Interview fielen sehr unterschiedlich aus. Zum Einen zeigten sich Viele sehr gut informiert und sahen den Beitrag sehr kritisch, zum Anderen gab es bei einigen Kollegen auch Anrufe mit Terminabsagen für vereinbarte endovenöse kathetergestützte Krampfaderbehandlungen. In der Summe also sehr gespaltene Reaktionen mit teilweise überraschend positiven, aber eben auch negativen Folgen für unsere Kollegen und auch uns.

Wir wurden gefragt, ob man nicht dem NDR einen Brief schreiben kann zu der Problematik dieses Interviews – dieses haben wir dann auch vor 4 Wochen getan.

Nunmehr kam oben erwähnte Antwort der Redaktion „VISITE“.

Wir möchten unseren   Brief an die Redaktion „Visite“  hier trotzdem veröffentlichen, damit sich jeder Interessierte eine eigene Meinung zum Thema bilden kann:

 

Brief an die Redaktion „Visite“

Sehr geehrte Frau Cordes, sehr geehrter Frau Krumme, sehr geehrte Damen und Herren,

Wir bedanken uns bei Ihnen für ihre Tätigkeit bei der Erstellung der populären Fernsehsendung Visite. In der Regel erhält der Patient hier kompetente, neutrale Informationen. Häufig wird man als Mediziner hernach von Patienten darauf angesprochen.

Bei ihrer letzten Aussendung über die Krampfadertherapie ist allerdings eine leider teils tendenziöse Darstellung von Herrn Kollegen Dr. Bruning aus der Tabea Klinik in Hamburg erfolgt, die bei Patienten bereits zu Verwirrung und Verunsicherung geführt hat und die man nicht unwidersprochen lassen kann.

Die Therapie der Varikosis hat in den letzten Jahren einen deutlichen Wandel erfahren, weg von den radikalchirurgischen Maßnahmen und hin zu sanfteren Therapien, insbesondere der endoluminalen Therapie. In Deutschland wird dieser Wandel nur zögerlich umgesetzt, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, den USA sowie allgemeinen weltweit (bei entsprechender Verfügbarkeit).

Hintergrund ist, dass die radikale Stripping –  Methode, welche 1907 von Wiliam Babcock erstmals vorgestellt wurde, für den P)tienten mit einem nicht zu unterschätzenden Trauma verknüpft und erstaunlicherweise wissenschaftlich gar nicht ausreichend hinterfragt ist. Auch heute, 111 Jahre nach der ersten Vorstellung, liegen noch immer keine prospektiven Multicenterstudien mit großen Fallzahlen zum Stripping vor. Grund ist, dass es viele Jahre die einzig verfügbare Therapie war mit einem scheinbar einleuchtenden pathophysiologischen Konzept. Erst die Entwicklung neuer moderner Methoden und der Vergleich mit dem Althergebrachten macht diesen Mangel an Evidenz offenbar. Mittlerweile zeigt sich, dass der Status als „Goldstandard“ Historie ist. Bei mindestens gleich guter Effektivität sind die neuen Methoden schonender und zeigen weniger Nebenwirkungen. Dennoch halten Kliniken am Stripping fest.

Die Nebenwirkungen des Stripping umfassen beispielsweise Nervendurchtrennungen, meist mit Taubheitsgefühlen oder brennenden Schmerzen verbunden. Die Häufigkeit wird in einer amerikanischen Leitlinie (The care of patients with varicose veins and associated chronic venous diseases: Clinical practice guidelines of the Society for Vascular Surgery and the American Venous Forum, Peter Gloviczki, MD, Anthony J. Comerot), MD und anderen  mit 7 % bei Behandlung am Oberschenkel und mit 39 % bei Behandlung bis zum Knöchel angegeben. Manchmal kommt es zu größeren Hämatombildungen mit teils wochenlanger Immobilisation des Patienten, welche nicht immer in einem guten Verhältnis zum Erfolg der Methode steht. In internationalen Studien wird die Rate an Rezidivvarizen (wenngleich der Begriff nur unscharf gefasst ist) mit einem wesentlich höheren Prozentsatz dargestellt, in einer deutschen S2 Leitlinien ( http:// www.phlebology.de/leitlinien-der-dgp-mainmenu/280-leitlinie-zur-diagnostik- und-therapie-der-krampfadererkrankung ) werden die Daten verschiedener Studien zusammengetragen, danach beträgt die Rezidivrate an der V. saphena magna nach 5 Jahren zwischen 6 und 60 %, im Gegensatz zu den erwähnten „unter 5 %“.  Dies deckt sich auch mit der allgemeinen Erfahrung. Auch Sie werden sicher etliche Patienten kennen, bei denen die Krampfadern nach einem Stripping schon bald wiedergekehrt sind. Neben der von Herrn Kollegen Bruning angesprochenen Möglichkeit, dass sich Krampfadern aufgrund einer genetischen Disposition auch an anderer Stelle neu bilden können, handelt es sich oft um eine sogenannte Neovarikose, Krampfadern, die im Bereich der operierten Vene nach kurzer Zeit neu entstehen. Nach neueren Erkenntnissen (De Maesener MG, Tielliu IF, Schil VPE, De Hert SG, Eyskens EJ.:  Clinical relevance of neovascularisation on duplex ultrasound in the long-term follow-up after varicose vein operation. Phlebology 1999; 14: 118–122.) scheint hier die Tatsache eine Rolle zu spielen, dass Gefäßinnenhautzellen, sogenannte Endothelzellen, durch die Eröffnung der Vene, beispielsweise durch den Leistenschnitt, im Gewebe freigesetzt werden und hier die Bildung neuer Krampfadern auslösen. Dies ist also methodenimmanent bei der Stripping –  Methode. Dies ist auch der Grund, weshalb seit vielen Jahren nach neuen Methoden gesucht wird, die nicht die Notwendigkeit haben, die Vene per Schnitt eröffnen zu müssen. Dies ist eben einer der großen Vorteile der endolumin)len Techniken.

Die modernste dieser Methoden stellt das VenaSeal – Verfahren („Kleber“) dar, welches ohne thermische Energie auskommt. Dadurch ist die Nebenwirkungsrate nochmals geringer, denn die thermische Energie im Inneren der Vene, sei sie durch Laserlicht, Radiowellen oder Heißwasserdampf erzeugt, führt an den umliegenden Strukturen zu Schäden, beispielsweise im Bereich der benachbart verlaufenden Nervenstrukturen. Diese enge Verflechtung nimmt zu, je weiter distal am Unterschenkel, also nach unten man behandeln muss. Erst kürzlich hat eine bedeutende Studie nachgewiesen, dass die Langzeitergebnisse der VenaSeal – Methode den thermischen Methoden ebenbürtig ist bei geringerem Risiko (Journal of Vascular Surgery: Comparison of Cyano)crylate  (VenaSeal) and Radiofrequency Ablation for Treatment of Varicose Veins in a Candian Population, G)ry K. Y)ng, MD, Marina Par)pini, MD, Joel Gagnon, MD, Jerry Chen MD. University of British Columbia, Vancouver, BC, Canada, 

https:// www.jvascsurg.org/article/S0741-5214(17)31383-6/fulltext ).

Außerdem entfällt die Notwendigkeit einer sogenannten Tumeszenzanaesthesie, dies bedeutet die Einspritzung großer Flüssigkeitsmengen um die Vene herum zu Kühlungszwecken, die bei den anderen thermischen endoluminalen Methoden notwendig ist. Der Patientenkomfort ist unübertroffen, die Patienten können in fast allen Fällen sofort weiterarbeiten.

Herr Dr. Bruning hat im Interview zum Thema „Klebetechnik“ jedoch sinngemäß geäußert: „…der Kleber sei nicht resorbierbar und auch nach zehn Jahren noch immer in den Venen vorhanden, kein Mensch wisse, was dann passiere“.

Diese Aussage ist falsch. Der Kleber ist zwar  chemisch verwandt mit Sekundenkleber, ist aber biokompatibel (n-2-Butyl-Cyanoacrylat) und wird in ähnlicher Form seit Jahrzehnten in der operativen Medizin eingesetzt, nahezu in allen Bereichen von der Gefässchirurgie über die Abdominalchirurgie, Unfallchirurgie, Neurochirurgie, Zahnheilkunde. Seit Jahrzehnten verwendet man dieses Mittel beispielsweise zur Therapie von Hirngefäßaneurysmata, die damit ausgeschaltet werden oder von gefährlichen blutenden Krampfadern in der Speiseröhre und des Magens. Dies hat zu einer deutlichen Senkung des Sterberisikos im Falle einer Blutung geführt. Es besteht also eine jahrzehntelange Erfahrung in der Anwendung solcher Mittel im Inneren von Blutgefäßen, die Sicherheit des Klebers wurde in circa 200 Studien geprüft und bestätigt, feingewebliche Untersuchungen zeigen, dass der Kleber na)ch einiger Zeit phagozytiert, also von den Makrophagen des Körpers abgebaut wird.

Genauso wird die behandelte Krampfader nach einiger Zeit vom Körper abgebaut. Die vorliegenden Langzeitdaten nach drei Jahren und nach fünf Jahren zeigen hervorragende Ergebnisse, die denen der radikalchirurgischen Therapie in nichts nachstehen, im Gegenteil scheint die Rezidivrate insbesondere im Bereich der Neovarikose geringer zu sein.

Da das VenaSeal – Verfahren im Bereich der Beinvenen erst 2011 zertifiziert wurde, sind Aussagen, dass auch nach zehn Jahren noch Kleber in den Beinenvenen vorhanden sei, völlig aus der Luft gegriffen. Über solche Ergebnisse kann man also gar nicht verfügen, Herr Kollege Bruning verfügt offenbar über hellseherische Fähigkeiten.

Die Aussage von Herrn Kollegen Bruning: „…ich würde mir das nicht in die Vene spritzen lassen“ stellt den Versuch einer Beeinflussung und Verunsicherung des Zuschauers dar, immerhin wurden bisher Zehntausend Patienten erfolgreich mit VenaSeal behandelt. Dies stellt lediglich eine Diskreditierung der Methode dar. Besorgte Patienten, die bereits erfolgreich mit VenaSeal behandelt wurden, melden sich nach ihrer Sendung nun ängstlich.

Auch die Aussage, die Methode käme aus den USA, da dort die „Ärzte Probleme hätten, eine Narkose zu machen“, ist ebenfalls völlig aus der Luft gegriffen, warum sollen die medizinisch so fortschrittlichen Vereinigten Staaten Probleme haben, eine Narkose zu machen?  Eine Narkose ist noch dazu  bei dieser Methode nicht notwendig.
Letztlich ist es schade, dass Ihre Sendung durch diese tendenziöse Darstellung ihres Diskussionspartners Bruning bei Patienten zu Verwirrung und Verunsicherung geführt und bei vielen anderen Spezialisten daher Unmut erregt hat. Herr Kollege Bruning leitet eine chirurgische Abteilung, die viel konservativ an den Venen operiert. In ihrem Fallbeispiel sieht man, dass eine vergleichsweise junge, augenscheinlich gesunde Patienten dazu sogar hospitalisiert wurde. Dazu ist zu sagen, dass dies in den seltensten Fällen medizinisch notwendig ist. Leider stellt dies dennoch eine häufig geübte Praxis dar. Obwohl eine stationäre Aufnahme lediglich im begründeten Ausnahmefall erfolgen soll, zeigen Daten, dass in den vergangenen Jahren in Deutschl)nd mit der Stripping – Methode immerhin 38 % der Patienten im Krankenhaus unter stationären Bedingungen operiert wurden. Es ist unwahrscheinlich, dass dies ausschließlich medizinische Hintergründe hat. Im Gegenteil darf nicht vergessen werden, dass es sich bei der Krampfaderntherapie auch um einen umkämpften Markt handelt. Die konservative Chirurgie in Deutschland hat teils Probleme zu akzeptieren, dass die modernen endoluminalen Verfahren bei größerer Patientenschonung und mindestens gleich guten Ergebnissen auch von Nicht – Chirurgen wie beispielsweise Radiologen sowie interventionell tätigen Angiologen, Phlebologen und Dermatologen erfolgreich durchgeführt werden.

Dies, obwohl bisher nur unter 2 % der betroffenen Venen – Patienten überhaupt effektiv therapiert werden.

Dies steht der Verbreitung dieser sanften Methoden gerade in Deutschland offenbar im Wege. Während in Deutschland, entgegen der Empfehlung der internationalen Leitlinien (z.B.:  The care of patients with varicose veins and associated chronic venous diseases: Clinical practice guidelines of the Society for Vascular Surgery and the Americ)n Venous Forum, Peter Gloviczki, MD, Anthony J. Comerota MD und andere), wie auch der viel beachteten britischen NICE – Guidelines. 

https://www.nice.org.uk/guid)nce/ cg168

die als Therapie der ersten Wahl beim Krampfaderleiden die endovaskuläre kathetergestützte Therapie vorsehen, noch immer etwa 75-80 % der Patienten gestrippt und nur 20 % endovenös therapiert werden, hat sich dieses Verhältnis in den USA bereits mehr als umgekehrt, der Anteil der Stripping  – Operationen ist in einen einstelligen Prozentbereich abgesunken. Dort haben sich die Gefäßchirurgischen Abteilungen diese Methoden längst selbst angeeignet. Da eine stationäre Aufnahme dafür in aller Regel nicht notwendig  ist, werden diese Methoden häufig auch in ambulanten Zentren und Praxen durchgeführt. Es ist dann allerdings nicht mehr möglich, eine stationäre DRG ( > € 3000,00)  abzurechnen.

Sicherlich wäre es wünschenswert, die Patienten darüber neutral zu informieren. Dazu gehört auch eine Richtigstellung der Aussagen zur VenaSeal – Methode (Venenkleber).
Da der Anteil der effektiv therapierten Venenpatienten in Deutschland noch immer wesentlich zu klein ist, stellen diese Informationen für betroffene Patienten eine wichtige Entscheidungshilfe dar, gleich welche Methode angewendet wird.

 

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Dr. med. Joachim Thum;  Internist, Angiologe Endovaskulärer Gefäßspezialist –  Venenzentrum Hildesheim

mpc medical prevention Center Senator-Braun-Allee 33-35
31 135 Hildesheim

 

Dr. med. Ulf Zierau;  Chirurg, Gefäßchirurg, Phlebologe

Endovaskulärer Gefäßspezialist – Saphenion Praxisklinik für Gefäß- Erkrankungen und Venenzentrum

Friedrichstraße 95 – 10117 Berlin  /  Steuerbordstraße 9 -18147 Rostock

 

Bevor die Antwort kam ….

stellte der NDR bei „Visite“ erneut ein Interview mit einem Chefarzt aus einem grossen Klinikum, Prof. Achim Mumme in die Mediathek – hierin wird zwar differenzierter auch auf die Komplikationsmöglichkeiten bei der radikalchirurgischen „Stripping – Op“  hingewiesen – jedoch bleibt das Fazit das Gleiche: Stripping ist die beste Methode, und für Katheterverfahren gibt es noch keine Langzeitergebnisse ….lieber Prof. Mumme, Sie wissen es heute so gut wie wir – der Katheter ist seit 18 Jahren in der Therapie von Krampfadern eingeführt. Vor deren Einführung gab es keine Langzeitergebnisse zur Stripping – Op.

Erst in den letzten 5 Jahren werden auch zum Stripping Langzeitstudien aufgelegt.  Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass einige Krankenkassen sehr wohl Katheterverfahren bei der Therapie von Krampfadern bezahlen (TK, DAK, viele BKK).

Und  – ach ja liebe Redaktion – ist das Interview mit Prof. Mumme aus einer Visite – Sendung von 2009.

https://www.ndr.de/suche10.html?query=krampfadern&search_mediathek=1

Da hat der NDR tatsächlich ein 9 Jahre altes Interview herausgeholt, um die Aussagen von Chefarzt Bruning zu untermauern? Sollte  das zunächst die Antwort auf unseren von unseren Patienten mit initiierten Brief an die Redaktion „Visite“ sein?

https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/visite/schwerpunkte/Wie-entstehen-neue-Krampfadern,visite2802.html

 

 

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