Krampfadertherapie: Stripping – Therapie der 3. Wahl?

Im Beitragsbild eine Statistik aus 2017 auf einem Venenkongress in Heidelberg – dort wurde im Saal eine Befragung zu den bevorzugten Therapieverfahren durchgeführt.  Gut zu erkennen, wo die therapeutischen Schwerpunkte in Deutschland immer noch liegen. In der Radikalität, in großen Hautschnitten und blinden Gewebezerstörungen.

Stripping: die radikalchirurgische Krampfadertherapie ist nach den Europäischen Leitlinien nur noch Therapie der 3. Wahl – und damit sicher nicht als erste Therapie zu empfehlen, wenn es um die Beseitigung defekter Stammvenen geht.

Wir hatten in einem früheren Newsbeitrag auf dieser Website bereits auf die seit 2015 aktualisierten Leitlinien der amerikanischen, britischen und europäischen Gefäßspezialsten hingewiesen.

Die Krampfaderntherapie wird heute von den Katheterverfahren Radiowelle, VenaSeal und Laser dominiert, Bereits seit 20 Jahren sind Katheterverfahren im Einsatz bei der Behandlung von Krampfadern.  Ergänzend  werden  verschiedene Mikroschaumtechniken für die Behandlung der Seitenastvaricosis eingesetzt.

Bei geschätzt ca. 250.000 Eingriffen an den Krampfadern pro Jahr werden in Deutschland ca. 20 – 30 % der Eingriffe inzwischen mit Kathetern durchgeführt.  Allein  das Radiowellensystem VNUS Closure  ist in 2015 gut  35.000 mal verkauft worden. Die verschiedenen Lasersysteme dürften die gleichen Verkaufszahlen erreichen. Zusätzlich sind vom seit 2011 in Europa zugelassenen VenaSeal – Venenkleber bisher schon über 9.000 Katheter eingesetzt worden.

In den USA werden inzwischen 95% der Eingriffe an den Krampfadern mittels Kathetertechnik durchgeführt. Ein weiterer Schub hat sich ab 1. Januar 2018 ergeben, denn seit einem Jahr übernehmen auch die amerikanischen Krankenversicherer die Kosten für  das Venenkleben.

Auch aus Grossbritannien und anderen europäischen Ländern  sind ähnlich hohe Zahlen an Kathetereingriffen an den Krampfadern bekannt.

In Deutschland hingegen sind 60 – 70% der Eingriffe immer noch radikalchirurgisch.

Europäische Leitlinien – Kathetertherapie gold standard!

In den Leitlinien der ESVS (European Society of Vascular Surgery) aus 2015 werden die minimal invasiven Kathetermethoden zur Behandlung der Stammvaricosis als moderne Standardtherapie definiert. Die radikalchirurgischen Methoden (Stripping, Ligaturbehandlung, Phlebectomie)  werden nur noch in Ausnahmefällen empfohlen. Die radikalen Op-Techniken bergen ein undefinierbar hohes Rezidivrisiko in sich. Die sog. Rezidivvaricosis nach OP (REVAS) ist seit über 100 Jahren ein Problem. Die Zahlen zum Auftreten schwanken erheblich zwischen 6 – 60%, sie konnten auch durch Modifikationen von OP-Technik oder Instrumenten nicht wesentlich gesenkt werden. Erst mit der Einführung der kathetergestützten endovenösen Verfahren ist eine wissenschaftliche Fragestellung zur Problematik der Rezidivvaricosis formuliert worden. Die Studienlage gibt jedoch inzwischen den minimalinvasiven Verfahren einen klaren Vorsprung in Bezug auf Effektivität, Sicherheit und kosmetischem Ergebnis. Des Weiteren sind die Nebenwirkungen vergleichsweise wesentlich geringer.

In verschiedenen Fachzeitschriften, so in der vasomed 1/2016 wird ebenso über die schonenden Therapieverfahren referiert wie in der Zeitschrift orthopress 1/2016 oder auf verschiedenen Kongressen. Medizinische Datenbanken geben ebenso einen sehr guten Überblick, wie z.B. pubmed oder medline und auch auf dieser Website wurde das Thema mehrfach referiert.

Für die Behandlung der symptomatischen Stammvaricosis mit Zeichen einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI) empfehlen die Gefäßchirurgen weltweit inzwischen den Einsatz der verschiedenen kathetergestützten Verschlusstechniken.. Danach sind chirurgischen Methoden inzwischen nur noch Methode der 3. Wahl.

Für die Behandlung der symptomatischen Stammvaricosis mit Zeichen einer chronisch venösen Insuffizienz gilt auch, dass die thermischen und Klebetechniken mittels Katheter den Vorrang vor Mikroschaumtherapien haben.

Damit werden die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (DGP) aus dem Jahre 2012 noch konkreter gefasst und die kathetergestützten Ablationsverfahren als Therapieverfahren der 1. Wahl definiert.

Werben mit der radikalchirurgischen Stripping OP – heute noch top of the art?

Es mutet deshalb ausgesprochen ungewöhnlich an, wenn einige Krankenhäuser und Praxen im Bundesgebiet in Anzeigenartikeln  mit ihren grossen Erfahrungen beim radikalchirurgischen Stripping werben und diese 112 Jahre alte OP-Methode, die nie wissenschaftlich validiert wurde – immer noch als  Methode der 1. Wahl bei der Krampfadertherapie bewerben. Es darf über die Motive gestritten werden, aber es dürfte klar sein – mit Wissenschaftlichkeit und weltweiten Standards hat das nichts zu tun.

Befund vom 16.08.2018: Pat. wurde vor 5 Jahren an beiden Beinen operiert – Stripping der V. saphena magna bds.- nunmehr massives Rezidiv bds..

Deshalb möchten wir zur Diskussion beitragen und die verschiedenen guidelines und aktuelle Fachartikel  mitteilen:

Management of Chronic Venous Disease – Clinical Practice Guidelines of the European Society for Vascular Surgery (ESVS) – Editor`s Choice:

Great Saphenous Vein (v.saphena magna)

Endovenous techniques in the treatment of saphenous vein incompetence have become very popular as a minimally invasive alternative to classical surgery (HL and stripping). In countries where reimbursement is available, the vast majority of patients are treated endovenously. It was Carlos Boné in 1999, who first treated patients with endovenous laser. In the past 10 years, endovenous techniques have evolved quickly and performance has improved.

Small saphenous vein (v.saphena parva)

Scientific evidence. EVTA of the SSV has excellent early and mid-term results. Access at the lateral malleolus results in a higher pares- thesia rate compared with mid-calf access, because of the proximity of the sural nerve to the SSV in the distal part of the calf. EVLA of the SSV is associated with a significantly higher incidence of sensory disturbance compared with EVLA of the GSV. SPJ – ligation and stripping of the SSV often fails because of the complex anatomy.

Compared with surgery, EVTA (endovenöse Thermoablation) seems to be more efficient and results in fewer post-operative side effects (less paresthesia, pain, and a faster return to normal activities).

Quellen und Links:

http://www.sbacv.com.br/pdf/forum-docs/Guideline-Europeu-2015.pdf

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27295103

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27181398

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27179246

Eur J Vasc Endovasc Surg (2015) 49, 678e737: Editor’s Choice e Management of Chronic Venous Disease Clinical Practice Guidelines of the European Society for Vascular Surgery (ESVS)

Stripping – radikales Entfernen von Krampfadern noch Standard?

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22312060

http://www.veinforum.org/medical-and-allied-health-professionals/news-and-publications/new-guidelines-announced-for-the-evaluation-and-treatment-of-varicose-veins

European and American guidelines on primary chronic venous disease: what’s new?

Saphenion: 3-Jahres-Studie VenaSeal – Therapie an 886 Stammkrampfadern: Dr. U.Th.Zierau; Vortrag auf dem LINK Symposium Leipzig 2016

https://www.saphenion.de/news/gefaess-venenspezialisten-weltweit-krampfadertherapie-mittels-katheter-1-wahl/

„Krampfadern werden heute schonend behandelt“ – Dr. Lothar Müller; orthopress 1/2016

„Moderne Krampfadertherapie“ – R. Jokisch: vasomed 1/2016

VenaSeal get favourable CMS ruling – Venenkleber ab 2018 in USA Versicherungsleistung!

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